„Nicht ohne Grund Omni-Channel-Händler“: Wie Thalia trotz Corona für Kund:innen da ist
Was hilft dem Einzelhandel heute, um auch in schwierigeren Zeiten (Stichwort: Corona) gut aufgestellt zu sein?
Das ist sicher keine einfache Frage. Und noch weniger eine, die sich mit allzu pauschalen Antworten lösen lässt – zu individuell sind die Situationen der verschiedenen Unternehmen.
Es gibt allerdings Best Practices, die wir miteinander teilen können. Darum geht’s in diesem Interview:
Lydia Oertel ist Online Marketing Managerin bei Thalia und spricht mit mir über die Corona-Herausforderungen im Marketing, Digitalisierung von Events und wie lokale Suche den E-Commerce unterstützt.
Corona hat auch das Online-Marketing vor einige Herausforderungen gestellt. Wie war das bei Euch und wie seid Ihr mit der Situation konkret umgegangen?
Unsere Omni-Channel-Strategie, das heißt das Handeln über alle möglichen Vertriebswege hinweg, hat uns sehr geholfen. Saisonale Artikel konnten wir zum Teil online abverkaufen sowie über die Filialabholung zu den Kund:innen bringen – oder sie sind leider auch in den Buchhandlungen verblieben. Dadurch, dass wir online gut aufgestellt sind, hatten wir technisch keine Probleme. Das war ein großer Vorteil.
Allerdings war es inhaltlich und hinsichtlich der Reaktionszeit anspruchsvoll, dass unsere Kampagnen und das zur Verfügung stehende Budget immer genau für die jeweilige Situation passen mussten. Aber sobald wir das geschafft hatten, konnten wir im letzten Jahr richtig Vollgas geben.
Ihr habt ja über den stationären Buchhandel einen sehr starken Pfeiler und als Uberall-Kunde hattet Ihr gerade dort über die lokale Suche Kund:innen gewinnen können. Sind Leute über die lokale Suche auch auf Euren E-Commerce-Kanal gelandet?
In jedem Fall war das ein guter Hebel, weil wir mit Uberall die Möglichkeiten hatten, die Besucher perfekt abzuholen. Wir konnten direkt sagen: „die Buchhandlung hat geschlossen“. Wir konnten zudem auf Google beispielsweise kleine Banner ausspielen und dadurch auf unsere telefonische Erreichbarkeit hinweisen oder auf unseren Webshop. Die Leute, die nach unseren Buchhandlungen gesucht haben, konnten wir so bestmöglich abholen.
Wie lange hat es bei euch gedauert, das umzustellen? Also die Öffnungszeiten, aber auch die Kontaktmöglichkeiten, Hinweise auf Abholung vor Ort etc.?
Es ging wahnsinnig schnell! Dadurch, dass unsere Öffnungszeiten automatisiert an Uberall übertragen und an alle Verzeichnisse ausgespielt werden, konnten wir da schnell einen Haken dran machen. Das lief in der Regel ziemlich glatt.
Ferner haben wir die Banner für unseren Webshop sowie für die Filial-Detailseiten erstellt und die haben wir dann in dem Zuge entsprechend auch über Uberall eingestellt. Das war innerhalb von einer Woche abgeschlossen.
Für Unternehmen ist in der Pandemie besonders wichtig, den Kontakt zu den Kund:innen zu halten. Welche Maßnahmen habt Ihr über die Online-Präsenz, zum Beispiel Google My Business, hinaus ergriffen, um mit Euren Kund:innen im Gespräch zu bleiben?
Wir haben da eher auf das bestehende Netz zurückgegriffen. Dazu gehören unsere CRM-Newsletter, über die wir weiterhin unsere Kund:innen darüber informieren konnten, welche Buchhandlungen gerade geöffnet haben und welche nicht. Und natürlich haben wir auch weiterhin Informationen über unseren Webshop bereitgestellt.
Wir haben aber auch Social Media sehr intensiv genutzt: Um unsere Follower über Öffnungszeiten zu informieren und ihnen weiterhin einen Service und Mehrwerte zu bieten.
Die Veranstaltungen, die normalerweise in unseren Buchhandlungen stattfinden, die haben wir in den Online-Bereich geshiftet. Die Live-Veranstaltungen und Live-Lesungen werden entweder über unsere Website ausgespielt oder über die Social-Media-Kanäle.
Das ist eine spannende Veränderung, die wir auch im B2B-Marketing beobachten können. Also die Verlagerung zu Online-Events. Wie wurde das bei Euch, speziell im Bereich B2C, angenommen?
Sehr gut. Es ist natürlich unterschiedlich, je nachdem wie spitz das Thema ist. Aber wir hatten diverse Lesungen von vielen spannenden Autor:innen und Veranstaltungen wie Live-Koch-Events und das kam bei der Community sehr gut an.
Ihr habt Euch für solche Veranstaltungen Zielvorgaben gesetzt. Habt Ihr Eure Erwartungen erreichen können?
Ja, unsere Erwartungen haben sich erfüllt.
Was sehr spannend ist: In den Buchhandlungen erreichen wir mit Lesungen und Veranstaltungen immer nur eine bestimmte Anzahl an Interessierten, die in der Umgebung leben. Über Social Media hat man die Möglichkeit, sich von überall einzuwählen – egal, wo man sich gerade befindet. Von daher sind digitale Veranstaltungen ein schöner Hebel, um eine größere Anzahl an potentiell interessierten Menschen zu erreichen.
Zusammenfassend zum letzten Jahr: Was sind die wichtigsten Dinge, die Ihr im Marketing mitnehmt?
Das kann ich insgesamt mit unserer Omni-Channel-Strategie beantworten. Wir konnten die persönliche Beratung und die ansprechende Atmosphäre in unseren Buchhandlungen nicht ersetzen – aber wir konnten durch unser umfassendes Online-Angebot weiterhin für unsere Kund:innen da sein.
Das deckt zum einen die Einkäufe ab, die weiterhin getätigt werden konnten – wir konnten weiterhin unsere Bücher und Non-Book-Artikel verkaufen. Zum anderen standen wir mit innovativen Services zur Verfügung: Unsere Buchhändler:innen konnten weiterhin ihre Buchempfehlungen in unserem Online-Shop veröffentlichen und so zumindest indirekt beratend tätig sein.
Es gibt verschiedenste Herausforderungen, auf die gerade wir, aber auch alle anderen Händler reagieren müssen. Es ist weiterhin eine sehr dynamische und schwierige Situation.
E-Commerce ist gerade im letzten Jahr durch die Decke gegangen. Was glaubst Du, werden die Leute in Zukunft auch weiterhin vorzugsweise online einkaufen oder werden sie wieder zurück in die Geschäfte gehen wollen?
Der Trend zum Online-Shopping wird sich fortsetzen. Mein Gefühl ist aber, dass sich so ziemlich jeder darauf freut, auch wieder durch die Innenstädte und Geschäfte bummeln zu können.
Was wären Deine Empfehlungen oder Tipps an andere Unternehmen, um in diesem Jahr (und im nächsten Jahr) weiterhin gut durchzukommen?
Das wäre in jedem Fall die weitere Vernetzung zwischen Online- und Offline-Handel. Es ist so wichtig, dass man versucht, über den Online-Shop ein zweites Standbein zu haben oder zumindest die Möglichkeiten nutzt, Kund:innen bestmöglich zu informieren und nah am Menschen zu bleiben. Auch bei geschlossenen Geschäften.
Du hast ja gerade schon erwähnt, dass Ihr im letzten Jahr mitunter auf CRM gesetzt habt, um mit den Kund:innen in Kontakt zu bleiben. Wie sieht das weiter aus: Siehst Du da eine Bewegung hin zu anderen Kanälen, um den Kontakt zu halten?
Neben dem klassischen E-Mail-Marketing haben wir bei unserer App noch die Möglichkeit, Push-Mitteilungen zu schicken und so direkt mit den Kund:innen in Kontakt zu bleiben. Das sind zum einen Angebote, auf die wir hinweisen, als auch Buchhändler:innen-Empfehlungen: Da haben die Leute die Möglichkeit, Buchhändler:innen zu folgen, die ihnen dann direkt die neuesten Buch-Tipps aufs Smartphone schicken können.
Ein weiterer großer Pfeiler ist in unserem Fall natürlich weiterhin Social Media, also Facebook und Instagram.
Setzt Ihr das Social-Media-Marketing rein global um oder gibt's da auch lokale Züge?
Das wird global aus der Service-Zentrale gesteuert, aber ein sehr großer Teil unserer Buchhandlungen hat auch noch eine eigene Instagram-Seite oder einen eigenen Facebook-Auftritt.
Wie funktioniert das so? Ich kann mir vorstellen, dass da manchmal auch Konflikte zwischen globalen und lokalen Perspektiven bestehen.
Wir sind in einem engen Austausch mit unseren Buchhandlungen, das heißt, wir stellen einen Teil der Werbematerialien zur Verfügung oder geben Hinweise auf unsere Kampagnenplanung. So können sich die Läden vor Ort anhängen, wenn sie möchten.
Zum anderen haben sie die Möglichkeit, beispielsweise Bilder aus den Buchhandlungen zu posten – etwa der neue saisonale Tisch, um so noch mal ein bisschen näher an den stationären Kund:innen zu sein.
Findet Ihr diese Trennung auch auf anderen Ebenen, also z. B. wenn es um Kundensupport geht – wie organisiert Ihr das?
Die Kompetenz unserer Buchhändler ist wahnsinnig wichtig. Das heißt, dass Kund:innenrückfragen zwar bei uns im Kunden-Service eingehen, aber gerade bei stationären Themen direkt an die entsprechende Buchhandlung weitergeleitet werden.
Ihr seid eine große Marke mit vielen Kund:innen. Gibt es da diesen direkten Draht, etwa dass da die Kundin den Herrn Müller aus der Buchhandlung in Berlin kennt und ihn persönlich spricht?
Ja, in jedem Fall. Es gibt viel Laufkundschaft, aber es gibt auch die Stammkunden, die mit Namen begrüßt werden:
Obwohl wir ein großes Buchhandelsunternehmen sind, haben wir einen starken lokalen Bezug.
Wir haben alle gelernt (oder schon lange gewusst), dass Digitalisierung unglaublich wichtig ist. Vor diesem Hintergrund eine abschließende Frage: Was sind die Tools, die für Euch oder für Dich im Marketing eine besonders große Rolle spielen?
Alles, womit sich die Brücke von online zum stationären Geschäft schlagen lässt.
Zum einen geht’s darum, dass ich online alle Informationen zur Verfügung stelle, die das stationäre Geschäft betreffen.
Dazu kommt dann natürlich, dass ich mit den Kund:innen den Kontakt halten kann, beispielsweise per Mail oder Push-Mitteilung – natürlich nur, wenn diese zugestimmt haben.
Und dann sind da noch die digitalen Bezahlmöglichkeiten: Unternehmen können einen Mehrwert bieten, zum Beispiel indem Kund:innen auf digitale Services wie eine App zum Bezahlen zurückgreifen können.