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Gesprochen statt getippt: Der Siegeszug von Voice Search

Nach mobiler und lokaler Suche ist Voice Search der nächste große Trend. Mehr und mehr Nutzer lassen das lästige Tippen sein und nutzen die sprachgesteuerte Assistenten. Dieser Wechsel von knappen Schlagwörtern zu gesprochenen Sätzen mit vielfältigem Informationsgehalt verändert SEO und lokales Marketing.


Der offizielle Google-Blog hatte am 17. November 2008 gute Neuigkeiten zu verkünden: „Sie können jetzt mit der Google Mobile App auf Ihrem iPhone sprechen.“ Wollten sich die ersten User angesichts durchwachsener Ergebnisse kaum mit dieser neuen technischen Spielerei auseinandersetzen, ist Voice Search mittlerweile dabei, mit der klassischen Eingabe von Suchbegriffen per Tastatur gleichzuziehen und wird die Navigation von Menschen im Internet künftig dominieren. Nicht von ungefähr verzichten persönliche Assistenten wie Google Home und Amazon Echo mittlerweile schon ganz auf eine Tastatur. Tippen war gestern, die Zukunft gehört dem gesprochenen Wort.

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Bild via apple.com


Das Smartphone stellt dabei nur die Einstiegstechnologie für eine rein sprachgesteuerte Generation digitaler Systeme dar. Wearables und künftig wohl auch Smart Cars werden mehr und mehr per Spracheingabe gesteuert. Gerade aber sind es die persönlichen Assistenten, die uns quasi jeden Wunsch von den Lippen ablesen. Dabei scheint der Begriff „Voice Search“ überholt zu sein. Die Interaktion mit dem digitalen Assistenten entfernt sich dank verbesserter Spracherkennung schnell von der puren Suchfunktion und ähnelt einer Konversation. „Siri, wo ist das beste italienische Restaurant in meiner Nähe?“, „Ok Google, wie macht sich die deutsche Nationalmannschaft bei der EM?“ Daneben tippen digitale Assistenten mittlerweile auch E-Mails oder Kurzmitteilungen mit oder halten eine Notiz fest.


Hälfte der Anfragen 2020 per Voice Search

2015 hatte Google erstmals in wichtigen Märkten wie den USA und Japan mehr Suchanfragen von mobilen Geräten als von Desktop-Computern verzeichnet. Schätzungen zufolge soll diese Benchmark bis zum Jahr 2020 im Verhältnis der sprachgesteuerten zur geschriebenen Suche erreicht werden. Die Trends Mobile Search und Voice Search gehen dabei Hand in Hand: Schließlich ist es unterwegs ziemlich unbequem, eine Anfrage auf dem Handydisplay einzutippen und sich dann durch die Trefferliste zu scrollen.

Allerdings löst sich Voice Search mehr und mehr vom ursprünglich ureigenen Refugium auf dem Smartphone. Nicht nur abends im Bett auf dem Tablet wird diese Art der Eingabe immer beliebter: persönlichen Assistenten ziehen vermehrt vom Handy ins Wohnzimmer um. Im Juni 2015 wagte der Online-Händler Amazon mit seinem sprachgesteuerten Assistenten Amazon Echo einen großen Schritt. Am 18. Mai 2016 kündigte Google bei der Entwicklerkonferenz Google I/O an, in diesem Jahr mit einem eigenen Assistenten namens Google Home nachzuziehen, der die Mobile-Software Google Now in den eigenen vier Wänden ersetzt, beziehungsweise ergänzt. Im Gegensatz dazu sind die persönlichen Assistenten Siri (Apple) und Cortana (Microsoft) noch auf Geräte beschränkt, die nicht in erster Linie auf sie zugeschnitten sind.


Quantensprung dank Künstlicher Intelligenz

Leichte Bedienung ist beim Siegeszug Voice Search nur einer der Erfolgsfaktoren. War die Worterkennung in den Anfangstagen noch eher ein Gedulds- und Glücksspiel, hat die Technik hier in wenigen Jahren enorme Fortschritte gemacht. Die Fehlerquote liegt aktuell laut Behshad Behzadi, Google Director of Conversational Search, bei acht Prozent. Noch vor zwei Jahren sei bei mehr als jeder fünften Anfrage etwas schiefgelaufen.

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Bild via googleblog.blogspot.de


„Es ist eine Art magisches Erlebnis“, beschrieb der Google-Suchexperte die heutige Interaktion mit der sprachgesteuerten Software. Nach Darstellung von Andrew Ng vom chinesischen Google-Konkurrenten Baidu bedeutet jeder zusätzliche Prozentpunkt bei der Treffergenauigkeit ein ungleich besseres Erlebnis für den Nutzer, der zudem schnelle Ergebnisse fordert. „Niemand will zehn Sekunden auf eine Antwort warten“, sagte Ng im „Internet Trends 2016“-Report der Venture-Capital-Gesellschaft KPCB.

Den rasanten Fortschritt bei der Spracherkennung verdanken wir vor allem der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz. Statt der lange Zeit bewährten Algorithmen setzen Google und alle anderen führenden Internetkonzerne auf neuronale Netzwerke und „Deep Learning“, beziehungsweise lernfähige Maschinen, um die komplexen Sinnzusammenhänge gesprochener Sprache von Computern verstehen zu lassen. Die sich ständig verstärkende Interaktion der digitalen Netzwerke mit den menschlichen Nutzern verbessert aber nicht nur die reine Erkennung von Wörtern und ihren Zusammenhängen.


Bedeutende Folgen für das lokale Marketing

Nicht von ungefähr fällt im Zusammenhang mit Voice Search auch der Begriff „conversational“. Unsere Interaktion mit dem Computer beschränkt sich hier nicht mehr nur auf einige wenige, in eine Suchmaske getippte Befehle, sondern nimmt den Charakter einer Unterhaltung an. Dadurch gibt der Nutzer oft unbewusst Informationen über Absicht und Kontext seiner Suchanfrage preis. Über das reine (anfängliche) Interesse an einem Produkt, einer Dienstleistung oder Aktivität hinaus bettet Voice Search so tendenziell die Suche in einen Sinnzusammenhang ein, der Marketingexperten vor neue Herausforderungen stellt – ihnen aber auch neue Möglichkeiten bietet. SEO-Strategien auf Basis eingetippter Suchbegriffe sind womöglich in einem von sprachgesteuerter Suche dominierten Markt nicht mehr konkurrenzfähig. Statt Schlagwörtern treten Sätze und vollständig ausformulierte Antworten in den Vordergrund.

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Bild via Google Playstore


Wer die Bedeutung der mobilen Suche im Allgemeinen und der „In meiner Nähe“-Suchanfragen im Besonderen für den lokalen Handel erkannt hat, für den ist Voice Search das nächste große Thema. Schließlich macht sie rund 20 Prozent der mobilen Suchanfragen aus. Noch mag sich so mancher Geschäftstreibende fragen, ob Menschen tatsächlich in aller Öffentlichkeit mit ihrem Telefon sprechen wollen. Aber mal ehrlich: Wer will daran beim Blick in deutsche Busse und U-Bahnen noch zweifeln? Nach der kabellosen Freiheit hat die Suche jetzt auch eine Stimme.


Titelbild via googleblog.blogspot.de