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Wie sich das Coronavirus auf die lokale Suche auswirkt

Von Greg Sterling, VP Market Insights bei Uberall

In Zeiten von Ausgangsbeschränkungen, Geschäftsschließungen und immer neuen staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen liegt die Vermutung nahe, dass die Zahlen für die lokale und die ‚Near Me‘-Suche deutlich einbrechen. Das ist jedoch nicht der Fall. Vielmehr lässt sich beobachten, dass lokale Suchanfragen die aktuelle Situation widerspiegeln.

Google Trends zeigt, dass die ‚Near Me‘-Suchen in den letzten 90 Tagen weltweit relativ stabil waren. Die leicht fallende Tendenz lässt zwar zweifellos die Auswirkungen des Virus erkennen, muss aber auch im Kontext einer vorherigen Steigerung durch das Weihnachtsgeschäft 2019 gesehen werden.

‚Near Me‘-Suche wird weiterhin genutzt (weltweit)‚Near Me‘-Suche wird weiterhin genutzt (weltweit)

Krise sorgt für Verschiebungen bei lokalen Suchanfragen

Bei Uberall stellen wir aktuell anhand unserer eigenen und fremder Daten fest, dass lokale Suchanfragen nach wie vor genutzt werden – wenn auch etwas anders als bisher. Beispielsweise zeigt Google Trends für die letzten 90 Tage eine Abwärtstendenz bei den Suchen „Restaurants in der Nähe“ und „Café in der Nähe“ an.

Bei Anfragen wie „Lebensmittel-Lieferservice“, „geöffnete Geschäfte in der Nähe“ oder „Öffnungszeiten“ zeichnet sich dagegen seit einer Woche ein deutlicher Anstieg ab. Das zeigt, dass sich Verbraucher derzeit vermehrt darüber informieren, welche Supermärkte in der Nähe geöffnet bleiben und welche einen Lieferdienst anbieten.

Rückgang in einigen Kategorien, Anstieg in anderen (USA)

Eine recht zweifelhafte Komik haftet dem Anstieg in der Kategorie ‚Near Me‘-Suchen nach Toilettenpapier an. Hier sind die Anfragen zuletzt wieder zurückgegangen, was wahrscheinlich der Tatsache geschuldet ist, dass viele Menschen ihre Jagd auf das vielerorts vergriffene Toilettenpapier inzwischen resigniert auf Eis gelegt haben.

Toilettenpapier in der Nähe

Rückgang bei französischen Restaurants, Anstieg bei Fitnessgeräten

Yelp hat über die eigene Plattform untersucht, wie das Virus und die damit verbundenen Einschränkungen das Verbraucherinteresse verändern. Das Verbraucherinteresse wurde „ an den täglichen US-basierten Zählungen einer bestimmten Auswahl der zahlreichen Aktionen gemessen, über die Menschen auf Yelp mit Unternehmen in Kontakt treten, beispielsweise das Aufrufen ihrer Unternehmensseite oder die Veröffentlichung von Rezensionen“.

Die Grafik unten macht deutlich, dass Kategorien wie Brauereien, Galerien, französische Restaurants, Yoga und Food Trucks durchweg rückläufig sind. Lieferdienste, Fitnessgeräte, Supermärkte, Apotheken und (leider) auch Waffen- und Munitionsgeschäfte werden dagegen verstärkt nachgefragt.

Veränderte Verbraucherinteressen auf Yelp

50 Prozent weniger Kartenansichten, Anrufe unverändert

Kommen wir zu Uberalls eigenen Daten. Seit Februar beobachten wir auf unserer Plattform die folgenden Verschiebungen im Verbraucherverhalten:

  • Lokale Suchanfragen bleiben relativ stabil (-10 %)
  • Kartenansichten sind deutlich rückläufig (-50 %)
  • Anfragen nach Wegbeschreibungen sind ebenfalls rückläufig (-20 %)
  • Anrufvolumen ist weitgehend unverändert

Ein genauerer Blick auf die weltweiten Uberall-Daten für drei konkrete Unternehmenskategorien (Fitnessstudios, Supermärkte und Hotels) zeigt seit Februar erhebliche Veränderungen:

  • Fitnessstudios: mehr Websiteaufrufe, mehr Anrufe, deutlich weniger Wegbeschreibungen
  • Supermärkte: mehr Besuche, mehr Anrufe, mehr Wegbeschreibungen
  • Hotels: weniger Anrufe, weniger Wegbeschreibungen, weniger Websiteaufrufe

Geändertes Verbraucherverhalten nach Kategorie

‚Near Me‘ als Plan B beim Onlineshopping?

Meine eigene Erfahrung hat gezeigt, dass Menschen die ,Near Me‘-Suche unter Umständen als eine Art Plan B nutzen, wenn sie bestimmte Artikel nicht bei ihrem regulären Onlinehändler finden: Ist ein Produkt nicht im stationären Handel vor Ort erhältlich, suchen die Kunden in der Regel online (bei Amazon) danach.

Werden sie auch hier nicht fündig, greifen sie auf die ‚Near Me‘-Suche zurück, um an das gewünschte Produkt zu kommen.

Ein amerikanischer Freund berichtete mir beispielsweise vor Kurzem, dass er Clorox-Tücher benutzt, um Türklinken zu desinfizieren. Mir gefiel die Idee als Corona-Schutzmaßnahme, also suchte ich zuerst online bei Amazon nach den Tüchern, wo sie allerdings „derzeit nicht verfügbar“ waren. Dabei entdeckte ich jedoch etwas anderes: In der Liste der Suchvorschläge stand „Clorox wipes near me” (also „Clorox-Tücher in der Nähe“) ziemlich weit oben. Es gibt also viele Kunden, die danach suchen.

Clorox-Tücher in der Nähe

Der erste Treffer für die englische Suchanfrage ist Tom‘s Guide mit Empfehlungen, wo Clorox-Tücher online und offline erhältlich sind (bei solchen Seiten mit Einkaufstipps für schwer erhältliche Artikel handelt es sich übrigens um eine Coronavirus-SEO-Taktik.) Es mag aktuell noch reine Spekulation sein, doch ich vermute, dass sich die typische Reihenfolge dieses Kaufprozesses gerade verschiebt, d. h. zuerst kommt die Online- und dann die ‚Near Me‘-Suche. Das ist jedoch nur ein einzelnes Beispiel.

Die Zahlen oben verdeutlichen, dass die lokale Suche und die ‚Near Me‘-Suche weiterhin verstärkt genutzt werden, vielleicht sogar genauso intensiv wie sonst. Was sich ändert, ist unser Verhalten, und zwar abhängig davon, welche Auswirkungen und Einschränkungen das Virus auf unseren Alltag hat. Es geht den Menschen darum, die Krise zu überstehen. Darüber hinausgehender Konsum ist sekundär – zumindest bis auf Weiteres.