Interview mit Patrick Hünemohr, Geschäftsführer von Greven Medien
„Wenn ich nicht in Köln wäre, dann wäre ich im Internet, egal ob in Köln oder anderswo.“ Wir sprachen mit Patrick Hünemohr, Geschäftsführer von Greven Medien (www.greven.de), über die Chancen und Herausforderungen der digitalen Transformation für seine Branche. Denn der veränderte Konsum von Medien hat die Verlags-Welt auf den Kopf gestellt. Die Art wie Konsumenten heute Medien nutzen, führt dazu, dass ursprüngliche Funktionen von Verlagen nicht nur in Frage gestellt, sondern von neuen Marktmitspielern besetzt werden. Erlösrückgänge in den klassischen Geschäftsfeldern sind die Folge. Ein Ende des Veränderungsdrucks ist vorerst für keinen in Sicht. Oder doch?
Hünemohr sieht seit jeher mehr Vorteile als Nachteile in der Digitalisierung. Der Verleger hat den 1828 gegründeten Traditions-Verlag Greven zusammen mit seinem Team in den letzten 14 Jahren konsequent von einem traditionellen Adressbuch-Verlag zum Experten für digitales, lokales Marketing gewandelt. Ein Grund für uns nachzufragen, wie es zu dieser erfolgreichen Transformation kam und welche Rolle “lokal” noch in einer digitalisierten Welt spielt.
Wie kam es dazu, dass Greven Online-Produkte und Services im Bereich Webseitenerstellung, Social-Media- und Termin-Management in sein Verlagsportfolio aufgenommen hat?
Patrick Hünemohr: Jeder Verlag, der sich einerseits am veränderten Nutzerverhalten und andererseits am Bedarf seiner Kunden orientiert, kann der Digitalisierung nicht entkommen. Für Nutzer ist es längst selbstverständlich, im Internet oder mobil über das Smartphone nach Adressen, Telefonnummern und Dienstleistern zu suchen. Die Dominanz der digitalen Suchangebote wie z. B. Apps steigt derzeit rasant an. Umgekehrt wünschen sich Kunden zunehmend immer mehr digitale Produkte, die es erlauben, aktuelle Angebote einzustellen, mobile Umkreiswerbung auszuspielen und dazu jederzeit die Ergebnisse verfolgen zu können. Diese Trends haben wir erkannt und unsere Produkte und Dienstleistungen dementsprechend sehr früh digitalisiert und immer wieder an ein sich veränderndes Nutzerverhalten angepasst.
Wie konnten Sie sich sicher sein, dass diese digitalen Produkte und Beratungsleistungen einen Absatz finden würden?
Hünemohr: Sicher kann man – nur weil ein Produkt digital ist – nie sein! Auch wir haben bei neuen Produkten schon mal daneben gegriffen und mussten ständig nachjustieren und verbessern. Herausgekommen ist ein digitales Produktportfolio, von dem wir sagen können, dass es unseren Kunden wirklich hilft, die digitalen Herausforderungen sehr gut zu meistern. Wir dürfen uns glücklich schätzen 30.000 Kundenbeziehungen zu haben. Davon buchen bereits jetzt mehr als 50 Prozent digitale Produkte – das zeigt ein großes Potential und ein enormes Wachstum in der Digitalisierung. Unsere Kunden haben uns sehr genau aufgezeigt, was wichtig für sie ist. Das Geheimnis liegt dabei nicht in besonders komplexen Lösungen. Oftmals sind es die einfachen Produkte, die den besten Erfolg haben. Zum Beispiel eine gut ausgerichtete Website als Basis, die hervorragend für die lokalen Suchanfragen unserer Kunden optimiert ist, gepaart mit Verzeichniseinträgen als sinnvolle Reichweitenergänzung. Um den Traffic zusätzlich zu erhöhen, kann man dann auf weitere Suchmaschinen zurückgreifen.
Was sind heute wesentliche Säulen des Kerngeschäfts Ihres Verlages?
Hünemohr: Als 360-Grad-Anbieter für lokales Marketing legen wir viel Wert darauf, unseren Kunden zu einer ganzheitlichen Strategie für relevante lokale Kontakte zu verhelfen – und das über alle medialen Ausprägungen: mobile, online und print! Unser Service beinhaltet die Erstellung der eigenen Homepage, Werbung in Verzeichnismedien, Suchmaschinenoptimierung und -marketing sowie Social-Media, Online-Werbung und Content-Marketing. Darüber hinaus erzielen wir mit unseren starken Marken wie Gelbe Seiten, Das Telefonbuch oder Das Örtliche relevante Kundenkontakte für unsere 30.000 kleinen und mittelständischen Kunden.
Gelbe Seiten oder Das Örtliche gehören zu den bekanntesten Adressbüchern Deutschlands. Beide sind online durchsuchbar und als App verfügbar. Bieten Online- und Branchenverzeichnisse heute mehr als früher?
Hünemohr: Na klar! Online- und Mobilapplikationen sind tagesaktuell, bieten deutlich tiefere Firmeninformationen und sind darüber hinaus in der Lage, ortsbezogene Echtzeitinformationen in Form von Push-Notifications auszuliefern. Über 10 Millionen Downloads der Verzeichnismedien-Apps verdeutlichen die Relevanz für den Nutzer. Aus einer aktuellen Studie, die wir gemeinsam mit der GfK aufgesetzt haben, wissen wir, das rund 40 Prozent der Nutzer heute Fotos und Videos von Unternehmen wünschen – 30 Prozent möchten aktuelle Bewertungen lesen und mehr als 70 Prozent wünschen sich gute Produktbeschreibungen sowie aktuelle Preislisten. Dafür bieten Online- und Mobilvarianten den nötigen Raum.
Inwiefern macht es einen Unterschied für Unternehmen, ob Kunden sich mit Hilfe einer Suchmaschine wie Google oder mit Hilfe eines Online-Verzeichnisses über das Unternehmen und seine Dienstleistungen informieren?
Hünemohr: Die Frage ist ja nicht, welchen Unterschied es macht. Die Frage ist vielmehr, wie ein Unternehmen sicherstellt, dass es über jeden Weg der lokalen Suche richtig gefunden wird! Nutzer wählen bei der lokalen Suche alle Wege: Verzeichnisse, Stadtportale und eben auch Suchmaschinen. Für Unternehmen ist es essenziell, sowohl bei Suchmaschinen wie Google oder Bing als auch in relevanten Verzeichnissen wie gelbeseiten.de oder dasoertliche.de gelistet zu sein. Beide Maßnahmen greifen unmittelbar ineinander. Je mehr Portale mit gleichlautenden Adress- und Kommunikationsdaten auf ein Unternehmen verweisen, desto höher ist die Relevanz des Unternehmens für Suchmaschinen. Wir sprechen hierbei von sogenannten Citations. Dabei kommt es nicht nur auf die reine Zahl der Listungen an, sondern auch auf die Einheitlichkeit der Angaben in den verschiedenen Portalen.
Sie haben einmal in einem Interview gesagt: „Wenn ich nicht in Köln wäre, dann wäre ich im Internet, egal ob in Köln oder anderswo.“ Welche Rolle spielt lokal noch in einer global vernetzten, digitalen Welt?
Hünemohr: „Lokal“ passt perfekt in die global vernetzte, digitale Welt! Beides ergänzt einander. Genau aus diesem Grunde steht der ROPO (research online – purchase offline) Effekt für die Tatsache, dass Kunden sich heutzutage vor einem Produktkauf oder der Beauftragung einer Dienstleistung online informieren, den tatsächlichen Kauf dann jedoch beim örtlichen Händler durchführen. Bedenkt man zusätzlich, dass der Großteil des verfügbaren Netto-Einkommens im Umkreis von 8 km zum eigenen Wohnort ausgegeben wird, zeigt dies die enorme Stärke des Lokalen in einer global vernetzten, digitalen Welt.
Alle Branchen, die verstanden haben Digitales und Lokales zu verknüpfen, haben enorme Chancen auf eine erfolgreiche Zukunft. Das gilt insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Greven Medien unterstützt auf diesem Weg gern dabei. Bei der Beratung behält Greven die lokalen Anforderungen des Kunden im Blick und setzt vor allem auf eines: persönliches Engagement. Greven Medien ist aus meiner Sicht Lokalpatriotismus pur!
Greven hat eine Reihe kleiner und großer Transformationen erfolgreich bewältigt. Wie gelingt es, in einem traditionsreichen Verlag, Veränderungsfähigkeit und Agilität aufrecht zu erhalten?
Hünemohr: Greven Medien erfindet sich seit 1828 immer wieder neu. Ohne ständige Innovation wird man gar nicht erst zu einem Unternehmen mit einer so langen Tradition. Die Wandlung vom „analogen“ Unternehmen Greven’s Adreßbuch-Verlag 2013 hin zum „digitalen“ Greven Medien war möglich durch einen gesamten Unternehmensprozess. Das heißt konkret: die Arbeit und Veränderung mit unseren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie der gesamten Vertriebsorganisation. Dazu haben wir intensivste Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen, Struktur- und Prozessveränderungen umgesetzt. Gleichzeitig identifizieren wir immer wieder neue Produkte, die wir unseren Kunden in Zukunft ergänzend zu unseren reichweitenstarken Verzeichnisprodukten anbieten.
**Mittlerweile machen die digitalen Verlagsprodukte und -services 40 Prozent des Umsatzes der Greven Medien Gruppe aus. Hat der Verlag damit alle Optionen der Digitalisierung bereits ausgeschöpft? **
Hünemohr: Ein ganz klares NEIN! Wir rechnen damit, dass wir bis Ende 2016 jeden zweiten Euro Umsatz mit einem unserer digitalen Verlagsprodukte machen. Für uns geht es auch nicht nur um die Frage, die Digitalisierung zur Verschiebung der Umsatzanteile von den analogen Medien zu den digitalen zu begreifen. Für uns bedeutet Digitalisierung Wachstum gemeinsam mit unseren 30.000 Kunden – angefangen bei der Website, über Local Listing Produkte bis hin zu unserem neusten Steckenpferd, der lokalen mobilen Werbung über Apps. Da geht noch viel, viel mehr.
Möchten Sie mehr zum Themenfeld „lokale Suche“ erfahren? Hünemohr bloggt auch privat unter huenemohr.de