DMEXCO 2019: 6 Takeaways zum Hauptthema „Trust“
Einige ausgewählte Branchenkenner haben letzte Woche in der W&V ihre persönlichen Tipps für die DMEXCO gegeben. Und nach dem ersten rappelvollen Tag zeigt sich, dass gerade zwei Vorschläge goldrichtig waren: Bequeme Schuhe tragen und Fokusthema festlegen. Nach 12.372 getrackten Schritten in Köln blicken wir auf den ersten DMEXCO-Tag zurück – mit sechs Takeaways zum Thema „Vertrauen”.
Takeaway #1: Walk the walk
Zwar werden im Laufe des Tages immer wieder Stichworte wie KI bzw. AI fallen oder Big Data, Mixed Reality, IoT und Blockchain – allerdings ist das allgegenwärtige Thema der diesjährigen DMEXCO „Trust”. Das geht auch aus der Opening Session in der Congress Stage hervor. Sie steigt ein mit der Frage:
Was ist „Trust“ eigentlich?
Louise Houghton (Moderation) bedient sich beim Urban Dictionary: „TRUST is what you expect from people close to you, give everyone you know a lighter, now cover yourself in gasoline…” Was humorvoll beginnt, wird bald schon eine Idee ernster, als Dominik Matyka, Chief Advisor der DMEXCO, dafür plädiert, dass wir uns stärker vernetzen, uns vertrauen und dadurch die großen Herausforderungen der Welt angehen können. Und damit spricht er ganz konkret von der Klimakrise.
Wie passe es zusammen, dass wir Gemeinschaft fördern wollen und gleichzeitig auch von Flugreisen abhängig sind, wenn wir eine Messe wie diese besuchen? Das ist der Startpunkt für eine nicht ganz so kleine Verlosung, die productsup sponsort: Unter jedem Sitz der Congress Stage hängt ein Zettel, einer von den vielen ist das Gewinnerlos – für eine CO2-Kompensation durch Aufforstung in Höhe von 10.000 Euro sowie ein Elektroauto.
Wir haben leider nicht gewonnen, dafür aber treffend-einleuchtende Aussagen von Stephanie Buscemi (CMO Salesforce) erhalten, die nach der Begrüßung über die Bedeutung von Trust für Marken spricht. Was hängen bleibt ist Appell an alle Marketing-Schaffenden:
Don’t talk the talk but walk the walk.
Was meint sie damit?
In Zeiten von Vertrauensmissbräuchen seitens Industrie (z.B. Datenhandel), Politik (z.B. Transparenzmangel) und Gesellschaft (z.B. Gender Equality) stehen Unternehmen der Herausforderung gegenüber, das echte Vertrauen ihrer Mitarbeiter, Kunden und der Gesellschaft zu gewinnen. Es geht für sie darum, Bedürfnisse ernst zu nehmen und Tatsachen zu schaffen – statt reine Lippenbekenntnisse zu liefern.
Takeaway #2: Der Stakeholder steht im Vordergrund
Die Worte von Stephanie Buscemi hallen im folgenden Opening Panel nach, das das DMEXCO-Motto TRUSTINYOU trägt.
Ed Williams moderiert und begrüßt seine Gäste Rob Tarkoff von Oracle, Michael Rubenstein von AppNexus, Philipp Justus von Google und Jolanda Schwirtz von Nestlé.
Die Runde diskutiert über die verschiedenen Maßnahmen, die Unternehmen zur Vertrauensgewinnung einsetzen. Transparenz, Einbeziehung von Stakeholdern, Bottom-up-Ansätze, gesellschaftspolitische Projekte seien da keine neuen Ideen.
Eine prägnante Aussage:
Wir leben im „Stakeholder-Kapitalismus“, wie die Runde sagt. Die Kunden, Angestellten und Menschen um ein Unternehmen herum werden wichtiger sein als die Shareholder. Unternehmen müssen sich fragen, ob sie die Welt besser machen – oder ob nicht das Gegenteil der Fall ist. Erst durch diesen Vertrauenswert eines Unternehmens ist Wachstum heute möglich.
Auch hier: Die Handlung schafft Vertrauen, nicht das reine Bekenntnis. Aber wie handeln die Gäste? Sie sprechen davon, Daten offenzulegen, Mitarbeiter stärker mit einzubeziehen, den Dialog zu praktizieren, Diversität zur KPI zu machen – um nur ein paar Beispiele zu nennen. Solche Maßnahmen dürfen jedoch nicht zur Marketingmasche werden, sondern müssen integraler Bestandteil einer Vertrauenskultur werden.
Takeaway #3: Social Validation und Reviews steigern Umsätze
Welche Rolle spielt Vertrauen in der Customer Journey? Um diese Frage geht es im Vortrag „Mit Kundenreviews zu mehr Offline-Umsätzen – So nutzt TOTAL Online Reputation Management“.
Zusammen mit Udo Wink (Leiter Business Applikationen & Digitale Projekte TOTAL Deutschland) präsentiert Florian Hübner (CEO Uberall) das „Zeitalter von ‚Near Me‘”:
Wir sind untrennbar mit unseren Smartphones (und somit dem Internet) verbunden und daran gewöhnt, Produkte sowie Services und Informationen zu jeder Zeit und an jedem Ort zu erhalten.
Die ‚Near Me‘-Suche spielt hier eine zentrale Rolle: Der drastische Anstieg lokaler Suchen bei Google wie „tankstelle jetzt geöffnet in meiner nähe” (im Englischen: „near me“) verdeutlicht, wie sehr sich unsere Konsumgewohnheiten verändert haben. Fast jede zweite der 2 Billiarden Google Suchen ist heute eine ‚Near Me‘-Suche.
TOTAL hatte in der Vergangenheit feststellen müssen, dass sie hier mit teils unkorrekten oder nicht aktuellen Daten Kunden an die Konkurrenz verloren hat. Seit der Zusammenarbeit mit Uberall hat sich dies enorm verbessert: TOTAL konnte seine Standortinfos effizient und sauber managen, inklusive der relevanten Keywords, und sie in einem digitalem Ökosystem sichtbar machen, das so komplex wie noch nie ist.
Welche Rolle spielt da das Vertrauen?
TOTAL und Uberall beobachten, dass Bewertungen bei Online-Plattformen wie Google ein ausschlaggebendes Moment für die Kaufentscheidung sind: “97 Prozent aller Konsumenten sagen, dass sie von Bewertungen beeinflusst sind, bevor sie eine Kaufentscheidung treffen. Und 84 Prozent der Konsumenten vertrauen einer Online-Bewertung genauso wie der Empfehlung eines Freundes” heißt es in der Session. Auch die persönliche Interaktion am Ort ist relevant. Beispiel TOTAL: Die drei häufigsten Keywords „freundlich“, „personal“ und „nett“ bestätigen, dass dies auch bei Tankstellen zutrifft.
Für Unternehmen wird Reputation Management zur wichtigsten Aufgabe, um (neue) Kunden zu gewinnen, die wiederum positiv über ihre Erfahrung berichten können. TOTAL musste sich für diese Aufgabe neu aufstellen, denn die Menge an Feedback hat zugenommen. So berichtet Udo Wink, dass der Kundenservice neu aufgestellt wurde, um Reviews zentral zu managen.
Mit den Maßnahmen hat TOTAL verschiedene Bereiche gestärkt, um die Brand Experience bei ‚Near Me‘-Suche zu steigern, siehe Foto.
Der Vortrag ist als Download hier erhältlich.
Takeaway #4: Bei den Technologie-Trends 2019 steht der Nutzer im Vordergrund
Wer in den Exhibition Halls spazieren geht, wird einigen vertrauten Themen begegnen: Augmented Reality begeistert weiterhin die Besucher, die mit den VR-Brillen spielen oder mit Apps auf dem Tablet Möbel in den virtuellen Raum zaubern. Relevant, wenn auch schwerer zu greifen als eine Brille, bleibt das Thema KI – und auch in diesem Jahr präsentieren Lösungsanbieter ihre Plattformen für Marketing-Automation.
Weiterhin – oder vielleicht gerade wegen der DSGVO? – spielt die Personalisierung eine dominante Rolle: Wie lassen sich Erfahrungen für Nutzer individualisieren? Das machen Vertreter aus dem Advertising zum Thema mit Botschaften wie:
Oder auch Claims wie:
Die Nutzer sind der Mittelpunkt der Marketing-Bestrebungen – und die individuelle Nutzererfahrungen stehen im Vordergrund. Unsere Beobachtung: Vielen Unternehmen ist bewusst geworden, dass Technologien dagegen zweitrangig sind und eher das Mittel zum Zweck.
Und hier schließt sich auch wieder der Kreis zum Vertrauen: Es führt dazu, dass sich Menschen darauf einlassen, Erfahrungen mit einer Marke zu machen.
Auch OnlineMarketing.de greift diesen Fokus auf: Für die DMEXCO haben sie ein Magazin mitgebracht mit dem Titel Trust Marketing – mit Tipps zu aktuellen digitalen Trends, die im Zusammenhang mit Vertrauen stehen. Marc Stahlmann, CEO von OnlineMarketing.de dazu:
„Es scheint illusorisch anzunehmen, dass die Nutzer ein unumstößliches Vertrauen in Anbieter und die gesamte digitale Branche entwickeln werden, dafür ist diese noch zu intransparent und schlichtweg anfällig für Missbrauch. Nichtsdestotrotz vertrauen User nicht nur etablierten Marken – Google, Amazon, Facebook und so weiter –, sondern auch klaren Signalen wie Kundenbewertungen und seriösen Inhalten.“
Takeaway #5: Agenturen können ihren Kunden helfen
Das Zeitalter von ‚Near Me‘ ist ebenfalls Thema auf der Bühne World of Agency. Florian Hübner hält hier seinen Pitch „New Opportunities in the Age of ‘Near Me’: Helping Brands Master Their Online-to-Offline Marketing”.
Worum geht’s?
Wir leben in einer Zeit, in der wir daran gewöhnt sind, Produkte oder Leistungen hier und jetzt zu erhalten. Das bedeutet auch, dass wir unseren Wunsch offline erfüllen: Wer ein Ladegerät für sein Smartphone braucht, wird keine Wartezeit mitbringen (und das „Kann ich mir Dein Kabel ausleihen” beim DMEXCO-Besuch gibt der Aussage recht).
In solchen Situationen suchen wir mithilfe von Google, Apple Maps oder anderen Apps nach den Geschäften in der Nähe, die genau das anbieten, was wir brauchen. Wir suchen etwa nach dem „elektrohandel in der nähe” oder „ladegerät in der nähe”. Eine bestimmte Marke ist da noch nicht einmal wichtig, denn 82 Prozent der ‚Near Me‘-Suchen haben keinen Markenbezug. Die Chance für Unternehmen besteht darin, über die Keywords gefunden zu werden und neue Kunden zu gewinnen.
Über die Reviews eines Unternehmensstandorts bei der ‚Near Me‘-Suche kommt das Thema Vertrauen ins Spiel: 84 Prozent der Konsumenten vertrauen Online-Reviews ebenso wie persönlichen Empfehlungen – und sie suchen in der Regel das Unternehmen mit den besseren Bewertungen auf.
Welche Rolle spielt das für Agenturen?
Fast jede zweite Suche ist eine ‚Near Me‘-Suche und die meisten Unternehmen sind noch nicht so aufgestellt, dass sie hier eine optimale Brand Experience schaffen. Für Agenturen ist das eine Chance: Sie können Unternehmen bei der ‚Near Me‘ Brand Experience unterstützen und ihnen neue Kunden bringen. Mehr Infos dazu gibt es hier.
Die Präsentation zum Vortrag gibt es hier.
Takeaway #6: Wir sehen uns im nächsten Jahr
Logischerweise wird nicht jedes Mal „Vertrauen“ das Hauptthema der DMEXCO sein können. Dennoch trifft die Messe mit “Trust in You” den Nagel auf den Kopf: Ohne Vertrauen geht nichts – das haben die Vorträge und die Aussteller gezeigt.
Wir sind gespannt, was als Nächstes kommt.